Muss ich für den Heimplatz meiner Eltern zahlen?

#1 von Vermieterheini1 , 05.02.2011 11:24

Aus der Presse:

Kinder müssen für ihre Eltern aufkommen, wenn deren Rente nicht für die Pflege reicht. Doch der BGH hat jetzt erstmals die Grenzen der Unterhaltspflicht konkret festgelegt
Eigentlich ist Ingeborg Lehmann noch ziemlich fit für ihre 70 Jahre. Wäre da nicht der Sturz gewesen, bei dem sie einen Knöchelbruch davontrug.
Und weil der nicht heilen will, bleibt ihr keine Wahl: Sie muss ins Pflegeheim, da sie sich in ihrer Etagenwohnung nicht mehr selbst versorgen kann. Dass sie damit in eine verheerende Vermögensfalle tappt, ahnt sie zunächst nicht.
Wie sich Heimkosten zusammensetzen
Natürlich war vorher klar, dass das Heim jeden Monat 1323 € Pflegekosten verlangt. Dazu kommen aber 623 € für Unterkunft und Verpflegung, 537 € Investitionskosten und 25 € für eine Ausbildungsumlage.
Alles in allem sind das 2507 €, von denen die gesetzliche Pflegekasse gerade mal 1023 € (Pflegestufe 1) übernimmt, und folglich stolze 1484 € ungedeckt übrig bleiben, die Ingeborg Lehmann privat aufbringen muss.
Doch so viel Geld hat sie gar nicht - die fälligen Pflegekosten sind fast doppelt so hoch wie ihre monatliche Rente. Was geschieht jetzt? Das Sozialamt springt in diesem Fall mit den fehlenden 700 € pro Monat ein. Dieses Geld aber müssen Ingeborg Lehmanns Kinder zurückzahlen, weil laut Gesetz (§ 1601 BGB) nicht nur Eltern ihren Kindern Unterhalt schulden, sondern auch umgekehrt.
Übrigens gilt das auch dann, wenn das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern über Jahre zerrüttet ist, haben kürzlich Deutschlands höchste Richter entschieden (BGH: XII ZR 148/09 vom 15.9.2010).
Immer mehr Familien wird das hart treffen: Schon heute sind drei Millionen Deutsche über 80 Jahre alt, jeder dritte von ihnen kommt nicht mehr allein zurecht. Experten erwarten eine stetig wachsende Zahl von Pflegepatienten. Und 15 Jahre Betreuung im Heim sind nicht ungewöhnlich - in diesem Zeitraum können die Kosten pro Patient auf über 500 000 € steigen.
Wie viel Geld die Pflegekasse beisteuert
Von den Heimkosten, die schon bei geringer Pflegebedürftigkeit denen eines guten Hotels entsprechen, zahlt die gesetzliche Pflegeversicherung weniger als die Hälfte: Pflegestufe 1 kostet im Heim durchschnittlich 2500 € im Monat. Die Pflegekasse zahlt 1023 €. Bei Pflegestufe 2 (tatsächliche Kosten 2900 €) zahlt die Pflegekasse 1279 €, und bei Pflegestufe 3 (Heimkosten 3350 € im Monat) beteiligt sich die Kasse mit 1510 €. Für die enorme Differenz zwischen Kosten und Kassenleistung müssen Söhne und Töchter ihre Ersparnisse hergeben, sollte die Rente des Pflegepatienten nicht reichen.
Doch erst in diesem Sommer haben Bundesrichter den Behörden konkrete Vorgaben gemacht (BGH: XII ZR 140/07 vom 28.7. 2010). Hier ist das Rechenbeispiel dazu (für einen unterhaltspflichtigen Sohn):

Monatsgehalt des Sohnes 3000,00 €
Monatsgehalt seiner Frau 1000,00 €
mtl. Familieneinkommen 4000,00 €
- Familienselbstbehalt 2450,00 €
- 10% Haushalt 155,00 €
verbleiben 1395,00 €
davon die Hälfte 697,50 €
+ Familienselbstbehalt 2450,00 €
mtl. Bedarf der Familie 3147,50 €

Da der unterhaltspflichtige Sohn 75 Prozent des Familieneinkommens erwirtschaftet, wird er auch am Bedarf der Familie zu 75 Prozent beteiligt. Das sind 2360,63 €, die man ihm vom monatlichen Einkommen nicht wegnehmen kann. Den Rest von seinem Gehalt muss er opfern: 639,37 € pro Monat.
Wie viel Vermögen vorm Zugriff geschützt ist
Das Sozialamt kann aber nicht verlangen, das Eigenheim zu verkaufen oder zu beleihen. Denn selbst genutzte Immobilien (nicht vermietete) zählen zum sogenannten Schonvermögen, ebenso Wertpapiere, Gold, Schmuck und Bargeld in angemessener Höhe.
Welche Summe angemessen ist, hat
der Bundesgerichtshof (XII ZR 98/04) ebenfalls präzisiert: Für die bis zum Eintritt der Unterhaltspflicht vergangenen Berufsjahre wird ein Betrag von fünf Prozent des letzten Bruttoeinkommens mit einem Zinssatz von vier Prozent angesetzt.
Rechnen wir mit den Eckdaten aus dem vorangegangenen Beispiel weiter, ergeben sich diese Werte: Ein Mann im 40. Berufsjahr verdient 36 000 € brutto im Jahr. Dann beträgt sein unpfändbarer Sparbetrag 1800 € jährlich (150 € monatlich), sein unpfändbares Vermögen, das sich in seiner bisherigen Lebensarbeitszeit gebildet haben könnte, beträgt 177 000 €.
Wie man Verpflichtungen von vornherein umgeht
Werden die Eltern zu Hause betreut, können sie ihre Kinder vor dem Zugriff des Sozialamtes schützen, indem sie einen Antrag auf Grundsicherung stellen. Das ist eine eigenständige soziale Leistung, die das Sozialamt gewährt. Ein Kind des Betroffenen wird nicht zum Ersatz dieser Zahlungen herangezogen.
Übrigens können Kinder auch dann vom Unterhalt ihrer Eltern befreit werden, wenn sie Kreditverpflichtungen haben bzw. wenn sie einen Kredit aufnehmen. Voraussetzung ist: Das Darlehen muss notwendig und vernünftig sein, z.B. zur Anschaffung eines Autos, wenn das alte nicht mehr repariert werden kann.


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zuletzt bearbeitet 05.02.2011 | Top

RE: Muss ich für den Heimplatz meiner Eltern zahlen?

#2 von LandLady , 25.04.2017 10:29

Interessant zu wissen, da dies demnächst auch auf mich bzw meine Mutter zukommen wird.

Danke dir für den Beitrag, auch wenn er schon etwas älter ist.

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