BGH - unwirksame Klauseln zu Schönheitsreparaturen

#1 von Volker , 19.03.2015 12:01

Hallo Vermieter,

für manche war gestern nicht Mittwoch, sondern Freitag, der 13.

Der BGH hat in mehreren Urteilen die bisherigen Ansichten zu gültigen Klauseln bei Schönheittsreparaturen und zur Quotenabgeltung aufgegeben.

Kurz gesagt: Bei unrenoviert überlassenen Wohnungen bleibt der Vermieter zukünftig auf den Kosten für die Renovierung sitzen!

Der Text der Pressemitteilung ist nachfolgend widergegeben:

Sobald die vollständigen Urteilsbegründungen vorliegen, werden diese im Forum veröffentlicht.

Volker

Zitat
Nr. 39/2015
Änderung der Rechtsprechung zu Formularklauseln bei Schönheitsreparaturen:
formularmäßige Quotenabgeltungsklauseln unwirksam
formularmäßige Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter bei unrenoviert übergebener Wohnung unwirksam
Der u.a. für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich heute in drei Entscheidungen mit der Wirksamkeit formularmäßiger Renovierungs- und Abgeltungsklauseln beschäftigt. Durch Renovierungsklauseln (auch Vornahme- oder Abwälzungsklauseln genannt) wird die (als Teil der Instandhaltungspflicht nach § 535 BGB grundsätzlich dem Vermieter obliegende) Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen auf den Mieter abgewälzt. (Quoten-)Abgeltungsklauseln erlegen dem Mieter die Pflicht zur anteiligen Tragung von Kosten der Schönheitsreparaturen für den Fall auf, dass die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses Abnutzungs- oder Gebrauchsspuren aufweist, die Schönheitsreparaturen aber nach dem in der Renovierungsklausel festgelegten Fristenplan noch nicht fällig sind.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat nunmehr – wie bereits im Hinweisbeschluss vom 22. Januar 2014 (VIII ZR 352/12, WuM 2014, 135) erwogen - seine frühere Rechtsprechung aufgegeben, dass die Schönheitsreparaturen auch bei einer zu Mietbeginn dem Mieter unrenoviert überlassenen Wohnung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen auf den Mieter übertragen werden können (dazu grundlegend BGH, Rechtsentscheid vom 1. Juli 1987 – VIII ARZ 9/86, BGHZ 101, 253, 264 ff.).
Auch an seiner weiteren (früheren) Rechtsprechung zur Wirksamkeit formularmäßiger Quotenabgeltungsklauseln (dazu grundlegend BGH, Rechtsentscheid vom 6. Juli 1988 – VIII ARZ 1/88, BGHZ 105, 71, 84 ff.; Urteil vom 26. September 2007 – VIII ZR 143/06, NJW 2007, 3632 Rn. 20) hält der Senat nach den heutigen Entscheidungen nicht mehr fest.
Weiterhin maßgeblich ist allerdings der Ausgangspunkt auch der früheren Rechtsprechung des Senats, dass der Mieter nur zu den auf seine eigene Vertragszeit entfallenden Renovierungsleistungen verpflichtet werden darf. Er darf zur Vermeidung einer unangemessenen Benachteiligung - jedenfalls nicht ohne Gewährung eines angemessenen Ausgleichs durch den Vermieter - formularmäßig nicht mit der Beseitigung von Gebrauchsspuren der Wohnung belastet werden, die bereits in einem vorvertraglichen Abnutzungszeitraum entstanden sind.
Bei Erlass der oben genannten Rechtsentscheide aus den Jahren 1987 und 1988 entsprach es noch der Praxis des Bundesgerichtshofs, den Anwendungsbereich Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Rückgriff auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in einer Weise einzuschränken, die nach heutiger Sichtweise als unzulässige geltungserhaltende Reduktion einer Klausel auf den gerade noch zulässigen Inhalt eingestuft würde (vgl. Rechtsentscheid vom 6. Juli 1988 - VIII ARZ 1/88, aaO S. 87 f.). Dem damaligen Verständnis lag die Vorstellung zugrunde, dass der Mieter nur mit Renovierungsarbeiten für seine eigene Vertragslaufzeit belastet würde, wenn die "üblichen" Renovierungsfristen im Falle der Überlassung einer unrenovierten Wohnung an den Mietbeginn anknüpften.
Hieran hält der Senat angesichts der weiteren Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Maßstäben der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht fest. Insbesondere durch die ab 2004 einsetzende Rechtsprechung des Senats zum Erfordernis eines flexiblen Fristenplans (grundlegend Senatsurteil vom 23. Juni 2004 – VIII ZR 361/03, NJW 2004, 2586 unter II 2) und durch die Anwendung der kundenfeindlichsten Auslegung auch im Individualprozess (dazu Senatsurteil vom 29. Mai 2013 – VIII ZR 285/12, NJW 2013, 2505 Rn. 20 mwN) sind die Maßstäbe der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen erheblich verschärft worden.
Gemessen daran ist eine Formularklausel, die dem Mieter einer unrenoviert übergebenen Wohnung die Schönheitsreparaturen ohne angemessenen Ausgleich auferlegt, unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB). Denn eine solche Klausel verpflichtet den Mieter zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des Vormieters und führt – jedenfalls bei kundenfeindlichster Auslegung – dazu, dass der Mieter die Wohnung vorzeitig renovieren oder gegebenenfalls in einem besseren Zustand zurückgeben müsste als er sie selbst vom Vermieter erhalten hat.
In dem Verfahren VIII ZR 185/14, in dem die Vorinstanzen der auf Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen gerichteten Klage überwiegend stattgegeben hatten, hat der Bundesgerichtshof unter Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichts abschließend entschieden, dass die Klage wegen unterlassener Schönheitsreparaturen (insgesamt) abgewiesen wird. Die formularmäßige Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf die beklagten Mieter ist unwirksam, denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts waren bei Mietbeginn in drei Zimmern Streicharbeiten erforderlich, so dass die Mieter bei Nutzungsbeginn eine unrenovierte Wohnung übernommen hatten. Der ihnen zu Mietbeginn gewährte Nachlass von lediglich einer halben Monatsmiete stellt in diesem Fall keinen angemessenen Ausgleich dar.
Im Verfahren VIII ZR 242/13, in dem das Berufungsgericht dem Vermieter den begehrten Schadensersatz wegen nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen zugesprochen hatte, hat der Bundesgerichtshof die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit die – vom Mieter zu beweisende Frage - geklärt werden kann, ob die Wohnung zu Vertragsbeginn unrenoviert übergeben worden und die Abwälzung der Schönheitsreparaturen deshalb unwirksam ist. Dabei kommt es (wie in dem Verfahren VIII ZR 185/14 näher ausgeführt wird) für die Abgrenzung renoviert/unrenoviert letztlich darauf an, ob etwa vorhandene Gebrauchsspuren so unerheblich sind, dass die Mieträume im Zeitpunkt der Überlassung den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung vermitteln; dies hat der Tatrichter unter umfassender Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden.
In dem Verfahren VIII ZR 242/13 hat der Senat zusätzlich entschieden, dass ein – von der klagenden Vermieterin hilfsweise geltend gemachter - Anspruch auf anteilige Kostentragung nach einer Quotenabgeltungsklausel nicht besteht.
Auch bei der Quotenabgeltungsklausel hatte der Senat ursprünglich eine Bemessung des vom Mieter zu tragenden Anteils nach "starren" Fristen für zulässig erachtet (Rechtsentscheid vom 6. Juli 1988 aaO) und dies später (Urteil vom 26. September 2007, aaO Rn.17 f., 29) dahin modifiziert, dass derartige Klauseln (nur dann) der Inhaltskontrolle standhielten, wenn sie den vom Mieter zu zahlenden Anteil nach dem Verhältnis zwischen der Mietdauer seit Durchführung der letzten Schönheitsreparaturen und dem Zeitraum bemessen würden, nach dem bei einer hypothetischen Fortsetzung aufgrund des Wohnverhaltens des Mieters voraussichtlich Renovierungsbedarf bestünde.
Im Hinweisbeschluss vom 22. Januar 2014 (VIII ZR 352/12, aaO) hatte der Senat bereits Bedenken angedeutet, ob eine Berechnung des vom Mieter zu tragenden Anteils an den Renovierungskosten anhand einer hypothetischen Fortsetzung seines bisherigen Wohnverhaltens der Inhaltskontrolle standhält. Diese Bedenken hat der Senat nunmehr für durchgreifend erachtet und unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass eine - zur Unwirksamkeit der Abgeltungsklausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB führende - unangemessene Benachteiligung des Mieters darin liegt, dass der auf ihn entfallende Kostenanteil nicht verlässlich ermittelt werden kann und für ihn bei Abschluss des Mietvertrags nicht klar und verständlich ist, welche Belastung gegebenenfalls auf ihn zukommt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Wohnung dem Mieter zu Beginn des Mietverhältnisses renoviert oder unrenoviert überlassen wurde.
In dem Verfahren VIII ZR 21/13 hat der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Berufungsgerichts bestätigt, das eine Schadensersatzpflicht des Mieters wegen unterlassener Schönheitsreparaturen schon deshalb verneint hatte, weil die verwendete Formularklausel zum Teil auf "starre" Fristen abstellt und deshalb insgesamt unwirksam ist. Auf die Frage, ob die Wohnung bei Vertragsbeginn renoviert übergeben worden war, kam es aus diesem Grund in diesem Verfahren nicht mehr an.
Urteile vom 18. März 2015 – VIII ZR 185/14; VIII ZR 242/13; VIII ZR 21/13
VIII ZR 185/14
LG Berlin - Urteil vom 25. Juni 2014 - 65 S 388/13
AG Tempelhof, Urteil vom 9. August 2013 – 22 C 57/12
VIII ZR 242/13
LG Hannover, Urteil vom 10. Juli 2013 – 12 S 9/13
AG Hannover, Urteil vom 3. Januar 2013 – 510 C 12173/11
VIII ZR 21/13
LG Berlin, Urteil vom 14. Dezember 2012 – 63 S 179/12
AG Mitte, Urteil vom 10. Januar 2012 – 14 C 64/11
Karlsruhe, den 18. März 2015
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501


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RE: BGH - unwirksame Klauseln zu Schönheitsreparaturen

#2 von Judy , 20.03.2015 14:09

Hallo Volker,

... und bei renovierten Wohnungen streitet man sich dann, ob tatsächlich alles renoviert war oder ob da noch ein Pinselstrich irgendwo gefehlt hat. Weiter geht es dann ja auch mit den vorgeschriebenen Schönheitsrenovierungen. Das ist viel Ärger vorprogrammiert.

Ich bin schon seit Jahren dazu übergegangen, dass ich die Wohnungen unrenoviert vermiete. Dann weiß ich am Schluss, dass ich nicht über Schönheitsreparaturen streiten muss. Dübellöcher schließen war bisher ja auch immer schon so ein Thema. Beim Auszug waren die Löcher ja auch immer vom Vormieter, obwohl es z. B. 'Erstbezug' war. Da haben die lieben Mieter ein sehr kurzes Gedächtnis. Mich ärgert, dass diese Neuregelung auch für bestehende Verträge gilt. Zum Zeitpunkt der Vermietung waren die Klauseln gültig und das war Basis der Vermietung. Später wird dann meistens der Vermieter schlechter gestellt. Das kann es eigentlich nicht sein. Ich würde es akzeptieren, wenn man sagt, ab Zeitpunkt des Urteils gilt es für Neuverträge. Für Altverträge gilt, dass bei Mietbeginn vereinbarte Konditionen auf neues Recht umformuliert werden und der vereinbarte Sinn erhalten bleibt.

Die ersten Auswirkungen zum Makler-Honorar kann man jetzt auch schon bemerken. Die Mieter, die früher keinen Makler in Anspruch genommen haben, weil es denen einfach zu teuer war, weil man recht häufig (innerhalb des Ortes, aus bekannten Gründen) umziehen durfte, bedienen sich jetzt auch der Makler. Somit sind da weitere Kosten für die Vermieter vorprogrammiert, da es früher halt noch eine in meinen Augen sinnvolle Hemmschwelle war, sich auf eine Wohnung zu bewerben, die man gar nicht lange nutzen wollte/konnte. Da helfen auch keine Selbstauskünfte/Schufa etc. Dieses besondere Klientel weiß sich da schon zu helfen.

LG
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RE: BGH - unwirksame Klauseln zu Schönheitsreparaturen

#3 von Volker , 24.03.2015 15:35

Hallo Judy,

ich werde mir zukünftig im Rahmen der Übergabe bestätigen lassen, wie der malermäßige Zustand der Wohnung ist. Ob es funktioniert, bleibt abzuwarten.

Die bisherige Klausel: "Übernommen wie besehen" wird zukünftig keine Wirkung mehr entfalten.

Sofern eine unrenovierte oder teilrenovierte Wohnung übergeben wird, sollte auch festgehalten werden, ob und wie viel der Mieter als Ausgleich für die auf den Vormieter entfallenden Abnutzungen enthält. Das müsste dann im Fall des Falles auch ein Richter berücksichtigen. Allerdings darf der Ausgleich nicht offensichtlich zu gering sein (siehe BGH - "halbe Miete war nicht angemessen". Zeitgleich sollte dann auch der späteste Zeitpunkt für die Renovierungsarbeiten des Mieters vereinbart werden. Erst wenn die Arbeiten ordentlich erledigt sind, gibt es dann das Geld.

Volker


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RE: BGH - unwirksame Klauseln zu Schönheitsreparaturen

#4 von Judy , 26.03.2015 17:39

Hallo Volker,

ich habe mich heute zufällig mit einem Gutachter von Haus und Grund für Malerarbeiter über dieses Thema unterhalten. Er riet mir, nur einen tapezierfähigen Untergrund noch auf die Wände zu streichen und den Rest dem Mieter zu überlassen. Er geht davon aus, dass die Gerichte in dieser Angelegenheit immer mehr zugunsten der Mieter entscheiden werden. Daher ist es nur zu vernünftig, wenn vom Vermieter so wenig wie möglich in Maler- und Tapezierarbeiten investiert wird. Bei Bestätigungen hat man das Problem, dass der Richter dem Mieter, wenn er nicht gerade selber Maler ist, hier unterstellen wird, dass er nicht erkennen konnte, ob tatsächlich alles neu und frisch gestrichen wurde. Damit geht dann wieder das Feilschen los, wie viel der Mieter zu ersetzen hat bzw. ob überhaupt von einer renovierten Wohnung zu sprechen ist.

Als Beispiel erzählte er mir von Mietern, die eine Wohnung besichtigt hatten und nicht festgestellt haben, dass sie zu viele Ecken und Schrägen hat und daher eigentlich 'viel kleiner' ist, als bei der Besichtigung angenommen. Der Mieter hatte jetzt Probleme, seine Möbel zu stellen. Die Abweichung der vom Mieterverein gemessenen m² lag absolut in der zulässigen Toleranz (Abweichung von ca. 5 % bei einer 80 m² Wohnung). Trotzdem hat der Mieter vor Gericht versucht, dem Vermieter ein Täuschung zu unterstellen, da er ihm nicht gesagt hat, dass seine Möbel so nicht in die Wohnung passen. So langsam wird es wirklich unfassbar, was alles einem Vermieter aufgebürdet wird.

LG
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